Schulterzentrum-Saar
Sehnenrisse der Schulter - Rotatorenmanschetten Läsion
Sehnenrisse an der Schulter, die auch Rotatorenmanschetten-Rupturen genannt werden, sind häufig.
Für die normale Schulter- und Armfunktion benötigt der Mensch eine Vielzahl unterschiedlicher Sehnen. Als nahezu fast ausschließlich muskulär geführtes Gelenk ist die Schulter auf intakte Sehnen angewiesen. Die Sehnen stellen das wichtige Bindeglied zwischen Muskel und Knochen dar. Einige dieser Sehnen sind im Laufe des Lebens starken Belastungen ausgesetzt und können so verschleißen und reißen.
Oftmals zu wenig beachtet führen Verletzungen der Sehnen zu Schmerzen und einer zunehmenden Funktionseinschränkung der Schulter. Nicht oder verspätet therapiert sind schnell zunehmende Schäden, bis zum kompletten Funktionsverlust mit bleibendem Defekt zu befürchten. Viele Ärzte schenken leider Verletzungen der Schultersehnen zu wenig Beachtung. Obwohl in den letzten Jahren die Erkenntnisse zu Funktionsverlusten, Prognose und Therapie deutlich vorangeschritten sind. Leider wird auch heute noch viel zu wenig differenziert und alle Sehnen an der Schulter häufig „über einen Kamm geschert“.
Ein grober Fehler!
Schulterspezialisten wissen, dass es einen großen Unterschied ausmacht, ob z.B. eine Lange Bizepssehne, eine Supraspinatussehne oder eine Subscapularissehne geschädigt ist.
Alle diese Sehnen befinden sich an der Schulter und haben ihre Ansätze nur wenige Millimeter voneinander entfernt und dennoch gibt es riesige Unterschiede. Die Prognose und damit die Therapiebedürftigkeit sind bei den einzelnen Sehnen grundsätzlich verschieden. Ein Grund weshalb die Diagnostik und Therapie von Sehnenrisse an der Schulter in die Hand erfahrener Schulterspezialisten gehört. Eine unsachgemäße oder verspätete Therapie ist unter Umständen nicht wieder gut zu machen.

Eine wichtige Aufgabe der Sehnen an der Schulter ist es den Oberarmkopf und damit den Arm zu drehen. Da die Sehnen sich wie eine Manschette von hinten nach vorne um den ganzen Oberarmkopf herumspannen, werden diese Sehnen unter dem Begriff Rotatorenmanschette zusammengefasst. Was aber nicht dazu führen darf anzunehmen, dass alle Sehnen die gelcihe Funktion haben und sie lediglich für Rotationsbewegung verantwortlich sind.
Neben den Drehbewegungen ist die Stabilisierung des Oberamkopfes eine wichtige Funktion der Rotatorenmanschette. Anhand einiger Grafiken soll dies veranschalicht werden. Links zeigt die Abbildung eine Anatomische Zeichnung eines Schultergelenkes von vorne. Ein Teil der Muskeln und Sehnen ist zu erkennen, wie sie vom Schulterblatt zum Oberamkopf ziehen.
Ein Schnitt auf der Höhe der roten Linie durch ein Schultergelenk ergibt folgendes Bild, wenn von oben auf die Schnittfläche geschaut wird.
Rot markiert der Subscapularis Muskel mit seiner Sehne und blau markiert der Infraspinatus. Der Subscapularis sitzt vorne an der Schulter Infraspinatus hinten am Schulterblatt und zieht von dort mit seiner Sehne an den Oberarmkopf.
Der Zug des rot makierten Subscapularis führt nicht nur zu einer Rotationsbewegung des Arms nach innen, sondern er schiebt gleichzeitig auch den Oberamkopf nach hinten aus dem Gelenk. Es kommt zum "dezentrieren" des Oberarmkopfes, das Gelenk ist teilweise augekugelt.


Erst wenn der hinten am Schulterblatt liegende, blau markierten, Infraspinatus sich kontrolliert anspannt, kann ein Gleichgewicht hergestellt werden. Der Infraspinatus verhindert durch seinen Zug das nach hinten Rutschen des Oberamkopfes und lässt gleichzeitig noch eine Drehbewegung des Arms zu. Diese Zusammenarbeit mehrer Sehnen ist für eine gute und vor allem schmerzfreie Schulter wichtig. Verletzungen und Sehnenrisse stören dieses empfindliche Gleichgewicht.
Welche Schmerzen verursacht ein Riss der Rotatorenmanschette?
Bei einem Schaden der Rotatorenmanschette klagen die Betroffenen oft über stechende Schmerzen, vor allem bei allen Bewegungen des Armes nach oben oder hinten. Die Kraft des Armes beim Heben ist häufig reduziert. Durch die sich meist ausbildenden Entzündung des Schleimbeutels kommt es häufig auch zu nächtlichen Schulterschmerzen, die regelmäßig in den Oberarm ausstrahlen. Einige Patienten schildern sogar ausstrahlende Schmerzen bis in die Hand.
Wie können wir einen Sehnenriss diagnostizieren?
Bereits bei der Beschreibung eines Unfallhergangs oder aber der genauen Symptome, wird der Fachmann den Verdacht auf einen Rotatorenmanschetten-Riss äußern. Spezielle Tests bei der Untersuchung, die gezielt die einzelnen Muskeln und Sehnen der Rotatorenmanschette beanspruchen, geben Aufschluss über Funktionseinschränkungen bzw. Funktionsverlust. Durch Druck auf die Sehnenansätze und spezielle Schmerzpunkte wird der Untersuchungsgang vervollständigt.
Auch auf dem Gebiet der Bildgebung sind in den letzten Jahren enorme Fortschritte zu verzeichnen. Die Verbesserungen der Ultraschalltechnik erlauben es heute die meisten Sehnenrisse schnell und sicher zu erkennen. Leider gibt es aber auch bei diesen Geräten immernoch riesige Qualitätsunterschiede die sich einfach am Anschaffungspreis ablesen lassen. Die wirklich guten Ultraschallgeräte mit entsprechend hoher Bildauflösung, digitaler Bildverarbeitung und 3D kosten immnernoch soviel wie ein Sportwagen und stehen meist nur spezialisierten Zentren zu Verfügung. Wir sind froh unseren Patienten ein solch aufwendiges Gerät zur Schulter-Diagnostik anbieten zu können.

Ein Vorteil der Ultraschalltechnik gegenüber der Kernspintomographie besteht in der Möglichkeit der dynamischen Untersuchung, d.h. die Schulter kann während der Untersuchung bewegt werden. So kann die Sehne auch bei Belastung geprüft werden.

Auch die Kernspintomographie ist in der Lage Sehnenrisse darzustellen. Neben Lage und Größe des Defektes, lassen sich in der Kernspintomographie auch Rückschlüsse auf eine Degeneration des dazugehörigen Muskels ziehen. Diese oft als fettige Degernation bezeichnete Muskelverkümmerung bei Sehnenrisse gilt es zu beurteilen. Sie gibt Rückschlüsse auf die Prognose der einer eventuellen operativen Therapie. Aber auch die konventionelle Kernspintomographie ist nicht immer in der Lage Sehnenrisse sicher darzustellen. Erweitert werden kann das Verfahren durch die MR-Arthrographie. Hier wird dem Patienten vor der Untersuchung ein Kontrastmittel direkt in die Schulter gespritzt. So lassen sich auch kleinere Defekte die sionst verborgen blieben, noch darstellen.
Rotatorenmanschettenriss: Welche Therapien gibt es und wie läuft die arthroskopische (Schlüsselloch-)Operation ab
Eine gerissene Sehne heilt nicht von selbst zusammen. Aber nicht jeder Sehnenriss muss oder kann operativ verschlossen werden. Der Fachmann muss entscheiden, ob der Patient mit einer gerissenen Sehne leben kann und langfristig beschwerdefrei sein wird oder ob der Schaden am Schultergelenk repariert werden muss.
Bis vor wenigen Jahren (ca. 2010) wurde für diese Entscheidung ausschließlich das Lebensalter des Patienten einbezogen. So galt z.B.: junge Patienten werden operiert und ältere machen Krankengymnastik. Leider reduzieren viele Ärzte auch heute noch ihre Therapieentscheidung auf dieses einfache Schema.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine Beachtung ausschließlich des Alters oft zur Katastrophe für den Patienten führt.
Heute muss neben dem Lebensalter, den speziellen Lebensbedingungenn und dem persönlichen Funktionsanspruch, die individuelle Pathologie (Art des Sehnenrisses) einbezogen werden. Vor allem die genaue Differenzierung der betroffene Sehne, Art und Größe des Risses, Degneration von Sehne und Muskel sowie die Beurteilung der Begleitschäden sind heute bei einer Therapieentscheidung ausschlaggebend. Dies führt jedoch dazu, dass eine enorme Erfahrung und Fachwissen für diese Entscheidung notwendig ist. Außer den Spezialisten auf diesem Gebiet sind die meisten anderen Ärzte mit der Entscheidung oft überfordert.
Konservative Therapie – ganz kurz: Physiotherapie, entzündungshemmende Medikamente und ggf. gezielt eingesetzte Injektionen können Beschwerden lindern. Hält der Schmerz an oder fehlt die Kraft/Beweglichkeit, rät die Leitlinie zur Operation – je nach Sehne, Rissform und Ihrem Aktivitätsziel.
Was passiert, wenn man nicht – oder zu spät – operiert?
- Rissprogression & Retraktion: Der Defekt kann größer werden, die Sehne zieht sich zurück.
- Fettige Muskeldegeneration & Atrophie: Die Sehne verliert Heilungspotenzial, die Schulter wird dauerhaft schwächer.
- Fehlstellung des Oberarmkopfs: Kraniale Migration kann bis zur Pseudoparese führen.
- Komplexere OP oder Irreparabilität: Später ist die Rekonstruktion schwieriger oder nicht mehr möglich; dann bleiben nur Ersatz-/Augmentationsverfahren.
Diese Risiken sind der zentrale Grund, warum die Leitlinie frühe Rekonstruktion akuter Läsionen betont.
So operieren wir – Schritt für Schritt (arthroskopisch)
1) Narkose & Lagerung.
Sie schlafen in Vollnarkose. Die Schulter wird so gelagert, dass wir über 2–3 Mini-Schnitte (meist wenige Millimeter) mit Kamera und sehr feinen Instrumenten überall gut hinkommen.
2) Kamera-Check im Gelenk.
Wir schauen uns das Gelenk von innen an, spülen entzündliche Flüssigkeit aus und prüfen alle relevanten Strukturen (Rotatorenmanschette, Bizepssehne, Schleimbeutel). Das Bild erscheint vergrößert auf dem Monitor – wir sehen mehr Details als bei einer offenen OP. Die Leitlinie beschreibt diese Vorgehensweise als etablierten Standard.
3) Vorbereitung der „Klebefläche“.
Die angerissene/abgerissene Sehne wird mobilisiert, der knöcherne Ansatz (Footprint) am Oberarmkopf schonend angefrischt, damit die Sehne dort wieder anwachsen kann. Ziel ist immer eine spannungsarme Sehne-zu-Knochen-Heilung.
4) Fixation mit Nahtankern.
Jetzt kommt die eigentliche Reparatur: Nahtanker werden in den Knochen geschraubt. An ihnen sind Fäden befestigt, mit denen wir die Sehne präzise an ihren Ansatz zurückziehen und festhalten. Je nach Rissgröße und Gewebequalität benutzen wir eine oder mehrere Reihen („Single-Row“, „Double-Row/TOE“). Alle Verfahren sind bewährt; entscheidend ist die stabile, anatomische Fixation mit möglichst wenig Zug auf der Sehne.
5) Nur, wenn nötig: kleine Zusatzschritte.
Eine routinemäßige Knochenabtragung unterm Schulterdach (Akromioplastik) ist nicht automatisch nötig; wir machen sie nur bei klarer Enge/Arthrose.
6) Aufwachen & nach Hause.
Durch die Mini-Zugänge sind Schmerzen oft überraschend gut kontrollierbar. Viele Eingriffe sind ambulant möglich; Sie bekommen einen klaren Rehaplan für die nächsten Wochen.
Welche Anker verwenden wir – und warum?
Unser Standard:
Wir nutzen in der Regel selbst resorbierbare Nahtanker mit nur 4,75 mm Durchmesser (HEALICOIL™ REGENESORB™, Smith+Nephew). Diese Anker lösen sich mit der Zeit auf und werden vom Körper ersetzt – die offene Architektur soll zusätzlich Knochenneubildung begünstigen. Für Sie bedeutet das: wenig Fremdmaterial, gute Fixation und problemlosere spätere Bildgebung. Die Größe 4,75 mm ist offiziell zugelassen.
Bei schwacher Knochenqualität (z. B. Osteoporose):
Dann setzen wir Kunststoffanker (PEEK) aus der HEALICOIL™-Serie ein. Diese sind nicht resorbierbar, bieten aber in porösem Knochen eine sehr zuverlässige Verankerung – sinnvoll, wenn der Knochen „griffige“ Stabilität braucht.
Warum wir konsequent auf Metallanker verzichten:
Metall verursacht im MRT deutliche Bildstörungen (Artefakte). Die Beurteilung der Heilung oder ein möglicher Re-Riss wird dann erschwert – und auch spätere Revisionen sind oft aufwendiger. Bioresorbierbare/Polymer-Anker machen deutlich weniger Artefakte und erleichtern Folgeeingriffe. Deshalb verzichten wir bewusst auf Metall.
Was erwartet mich nach der OP?
- Ruhigstellung & frühe Bewegung: In der Regel Schlinge/Orthese 3–6 Wochen, dazu früh geführte, schmerzarme Bewegungen nach Plan. Zu schneller Krafteinsatz erhöht das Re-Riss-Risiko – wir dosieren den Aufbau gemeinsam.
- Schmerzen: Moderne Schmerztherapie (inkl. regionaler Betäubung) sorgt dafür, dass Sie die ersten Tage gut zurechtkommen.
- Reha: Stufenweise Steigerung von Beweglichkeit, Koordination und Kraft – individuell an Rissform, Naht und Beruf/Sport angepasst.
Gibt es Unterschiede je nach betroffener Sehne?
- Supraspinatus (am häufigsten): Ziel ist eine flächige, spannungsarme Refixation am ursprünglichen Ansatz – oft mit einer inneren und äußeren Ankerreihe für große Kontaktfläche.
- Subscapularis (vorn, „zeitkritisch“): Früh operieren – hier verschlechtert Zuwarten die Reparaturchancen deutlich; oft behandeln wir gleichzeitig die lange Bizepssehne (Tenodese/Tenotomie), wenn sie mitbetroffen ist.
- Infraspinatus/Teres minor (hinten/oben): Häufig Kombinationsrisse; bei sehr großen Defekten kommen Teilrekonstruktionen infrage – die Schulter gewinnt damit wieder Führung und Kraftkopplung.
Ihr Vorteil bei uns
Wir sind ein Zentrum für arthroskopische Schulterchirurgie und führen rund 400–500 Schulterarthroskopien pro Jahr durch. Hohe Routine, moderne resorbierbare 4,75-mm-Anker als Standard, PEEK-Option bei schwachem Knochen – und kein Metall: Das alles dient einem Ziel – stabile Heilung mit möglichst wenig Fremdmaterial, guter Bildkontrolle im Verlauf und einer sicheren, planbaren Rückkehr in Ihren Alltag.

Diese moderne Schraube besteht fast ausschließlich aus einem Kunststoffgewinde mit innenliegenden Fäden. Im Original hat die Schraube einen Durchmesser von nur 4,5mm.
Aber nicht jeder Sehnenriss muss durch einen operativen Eingriff behandelt werden. Bei einem sehr großen Riss, der vielleicht auch schon seit mehreren Jahren besteht, kann der Versuch einer operativen Rekonstruktion sogar ein schlechteres Ergebnis bringen als ohne OP. Hier ist der Arzt gefordert für jeden Patienten individuell zu entscheiden ob eine Operation notwendig ist oder ob eine konservative Therapie vielleicht die bessere Lösung darstellt. Auch der konservative Weg d.h. eine Behandlung ohne Operation führt bei viele Patienten zur Beschwerdefreiheit und guten Kraft- und Bewegungssituation der Schulter.
Hauptsäule der konservativen Therapie sind gezielte Übungen und ein Training, um die Funktion der Schulter wieder herzustellen. Wichtig ist es dabei die Muskeln aufzubauen, die den Verlust der gerissenen Sehne ausgleichen. Gleichzeitig muss versucht werden den Oberarmkopf optimal in seiner Pfanne zu stabilisieren. Unser Schulterratgeber enthält eine Sammlung an verschiedenen Übungen, die zu diesem Zweck eingesetzt werden können.
Führt diese konservative Therapie nicht zum gewünschten Erfolg können mit einer kleinen arthroskopischen Operation die abgerissenen Sehnenstümpfe geglättet und entzündetes Gewebe, wie ein chronisch entzündeter Schleimbeutel, entfernt werden.




